"Deutsche Arbeitsfront" – DAF – oder "Deutscher Verein für Wohltätigkeit und Kultur".
"Deutscher Bund für Leibesübungen und Deutsche Frontkämpfervereinigung".
Im Abschnitt Das Netzwerk wurde, kurz zusammengefasst, bereits über die "NS-Aktivitäten" in Argentinien berichtet.
Obige Dokumente über die Befragung der Schiffsführer der Schlepper und die aktive Beteiligung der Reederei und ihre Angestellten unterstreichen noch mal die Tatsache, dass ohne dieses Geflecht, die Evakuierung der Besatzung wohl kaum funktioniert hätte.
Weiter das Dokument über die Runde in Montevideo, der Brief von Langsdorff, die spätere Befragung von v. Thermann und die Zeugen zum Tod von Langsdorff offenbaren deutlich, wie sehr die NS-Auslandsorganisation hier Einfluss genommen hatte.
Zuvor aber ein kurzer Blick in die Vergangenheit dieser Vorgänge.
Wie bereits berichtet, hatte das argentinische Parlament bzw. die Abgeordnetenkammer im Juni 1941 beschlossen, eine "Comisión Investigadora de Actividades Anti-Argentinas", - Kommission zur Aufdeckung von Maßnahmen, die sich gegen Argentinien richteten - einzurichten.
Mit beginn des Jahres 1940 wurden auch die Vorgänge mit einbezogen die im Zusammenhang mit der Internierung der Besatzungsmitglieder der "Graf Spee" bekannt wurden; besonders die Fluchten bzw. Fluchtversuche und die dafür nötigen gefälschten argentinischen Ausweispapiere.
Vorreiter dieser Kommission war sowohl der Abgeordnete Enrique Dickmann, li., geb. in Lettland 1874, 1897 in Arg. eingebürgert und faktisch von Beruf Arzt, war er auch als Journalist tätig und Mitgl. der Partei "Partido Socialista" - er starb 1955 in Córdoba.
Als auch Raúl Damonte Taborda, re., geb. in Paraná 1909, von Beruf Journalist und Mitgl. der Partei "Unión Cívica Radical" – er starb 1982 in Buenos Aires.
Im Jahr 1938 sorgten sie dafür, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gebildet wurde, zur Untersuchung der illegalen Aktivitäten ausländischer Organisationen mit Sitz in Argentinien; auf der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Ebene.
Die Untersuchung wurde auf insgesamt 35.862 Seiten dokumentiert und wird heute im "El Museo de la Cámara de Diputados" aufbewahrt – ein kulturelles Erbe der argentinischen Gesetzgebung.
Mit der Internierung der Besatzungsmitglieder der "Graf Spee" folgten auch ernsthafte Planspiele, diese für die Kampftruppen als Verstärkung zu verwenden. Um internierte Seeleute der Verwendung zuzuführen wurden Fluchten vorgegeben, die aber nicht stattfanden.
Bereits im September 1940 wurde eine Kampftruppe gebildet – mit dem Namen "Südsturm". Diese Truppe sollte auf dem ganzen argentinischen Gebiet tätig werden, wo spezielle Maßnahmen durchgeführt werden sollten oder die Arbeiten der NS-Spione unterstützen. Das Personal bestand ausschließlich aus besonders vertrauenswürdigen Personen. Die Leitung befand sich im Zentrum von Buenos Aires, aber es gab noch andere Stützpunkte wie in Bahia Blanca, Rosario und Córdoba, wo das Hotel Eden in La Falda der Treffpunkt war.
Das gesamte Wissen kann einer umfangreichen Berichterstattung entnommen werden, die vom argentinischen Geheimdienst, der seine Agenten in diese obengenannten NSDAP-Auslandsorganisationen
eingeschleust hatte, dokumentiert wurde.
Und hier werden auch immer wieder Namen genannt, die schon durch die Ereignisse in Montevideo bekannt wurden.
Besonders wenn es um die Treffen geht, die in den Räumen der Reederei A. Delfino stattfanden; die Reederei, über die schon mehrfach berichtet wurde. Teilnehmer waren die Herren Sandstede und Martens, der Marineattaché Niebuhr und die Kapitäne Hepe und Schultze, die unter seiner Führung standen und die Angelegenheiten koordinierten, die mit oder über die im Hafen liegenden Schiffe, realisiert werden sollten.
Um aber eine genaue Vorstellung zu erhalten, wie diese NSDAP-Auslandsorganisationen strukturiert waren, sind zwei Organigramme abgebildet. Diese einst intakten Organigrammblätter wurden in Einzelblätter zerschnitten und zu den Akten gelegt. In mühsamer Kleinarbeit ist es gelungen diese Einzelblätter wieder so anzuordnen, dass ein sehr gutes Gesamtbild erreichbar wurde.
Die "Deutsche Arbeitsfront" – DAF - getarnt mit dem Namen "Deutscher Verein für Wohltätigkeit und Kultur", residierte im Zentrum von Buenos Aires in der Straße Alsina 1250 und war perfekt organisiert.
Es gab einen Gauleiter, er war der Repräsentant des Führers vor Ort, oberster Leiter für Südamerika und erhielt seine Weisungen aus Deutschland.
Sein Stellvertreter, verantwortlich für die SA und SS vor Ort, mit Verbindung zu dem OKW und der Gestapo-Zentrale bzw. SD im RSHA.
Der Generalsekretär, verantwortlich für die Politischen, Diplomtischen und propagandistischen Angelegenheiten, mit Verbindung zum Auswärtigen Amt – AA - in Berlin und das "Deutsche Ausland-Institut" – DAI - in Stuttgart.
Zum Schluss der Verwaltungsrat, der sich in neun Ressorts mit klaren Aufgaben segmentierte.
Inneres: Militär, Polizei, Recht, Hauptgeschäftsführung. Außen: Finanzen, Propaganda und Kultur.
Der "Militärische Arm" der NS-Auslandsorganisation, getarnt mit den Namen "Deutscher Bund für Leibesübungen und Deutsche Frontkämpfervereinigung", hatte seinen Hauptsitz in den Büroräumen der 4. Etage des "Banco Germánico", Straße 25 de Mayo Nr. 145. Das "Speebüro" Befand sich in der 3. Etage …!
Auch diese war ebenso perfekt organisiert.
Es gab ein Oberkommando; der Leiter war Militärattaché für Argentinien Brasilien und den USA. Er berichtete direkt an das OKW in Berlin und die Kampfgruppen inn München.
Jedes Gebiet wurde in Stationen aufgeteilt, die wiederum in Blöcken, und die erneut in Zellen. Darunter sind die Stationen mit Blöcken bzw. Namen der Leiter für die Gebiete Central - Patagonia und Chaco aufgelistet; Los Andes fehlt.
Im Anschluss rechts sind die Stationen mit Blöcken, verteilt auf Zonen, in der Hauptstadt aufgelistet.
Die Strukturen waren nach militärischem Muster in Divisionen aufgebaut, die sich auf den Hauptstadtkern und die verschiedenen Provinzen verteilten, die sich weiter in Blöcke und Zellen untergliederten und auf Zonen verteilt waren.
Die Blöcke und Zellen wurden von Personen verantwortlich geführt.
Jede Zelle hatte etwa 15-20 Personen, die von einem Verantwortlichen geführt wurde. Die geringe Größe einer Zelle hatte den Vorteil, dass wenn diese aufflog, jene in anderer Formation reorganisiert werden konnte.
Eine definierte Anzahl von Zellen wurde durch einen Leiter der Blöcke geführt. Die Verantwortlichen der Blöcke und der Zellen waren sich untereinander nicht bekannt. Der Leiter der Zelle berichtete direkt an den Leiter des Blockes und der berichtete direkt an das sogenannte Oberkommando. Gesamt wurde eine Stärke von 32.000 Mann angenommen
Wer nicht zahlte, egal aus welchen Gründen, wurde mit Repressalien bestraft; Unternehmen im Wege der vorhandenen Geschäftsverbindungen nach Deutschland und Privatpersonen im Wege der Verwandten in Deutschland.
Die Kontrolle über die Zahlungseingänge hatte die Einrichtung CADEFINA - Compania Alemana de Finanzas – Deutsche Gesellschaft für Finanzen - in der Straße Reconquista 336.
Die Aufsicht dieser Finanzströme hatten handverlesene Personen. Dazu gehörten die Geschäftsführer des Pharmaunternehmen Farmaco Platense, Banco Alemán Transatlántico - Tochter der Deutschen
Bank - Deutsche Handelskammer, Thyssen, Rheinmetall, Zeiss und das Haus Martens & Cia.! etc..
Am Ende muss erwähnt werden, dass in den einzelnen argentinischen Provinzen sogenannte Honorarkonsuln ernannt waren, die beruflich keine herausragende Rolle spielen mussten, aber ihnen, durch die von der NS-AO übertragenen Aufgaben und die Umsetzung der selbigen, eine, wenn auch eingeschränkte Immunität, sie vor dem Zugriff der nationalen Sicherheitskräfte schützte.
Einer dieser sogenannten Honorarkonsuln war der gebürtige Hamburger R. Pfohl der in der Hauptstadt Resistencia-Prov. Chaco- wohnte, in einem Angestelltenverhältnis stand und seit 1936 der NS-AO angehörte mit der N°3728397. Allein die Tatsache, dass er in der NS-AO Liste geführt wurde, zeigt, wie bedeutungslos diese Bezeichnung war, zumal alle Personen, die tatsächlich dipl. Immunität genossen und/oder hohe Funktionen ausübten, vertraulich in Berlin registriert waren.
Die Dokumente bilden Berichte von A. Schenker ab, Leiter der Ortsgruppe Castelli in der Stadt Castelli, ca. 300 Km nördlich von Resistencia im Chaco. Das Erste ist an das "Deutsche Vizekonsulat" in Resistencia gereichtet, genauer an Herrn Pfohl; das Zweite ein Bericht an den "Deutschen Volksbund für Argentinien", dieser wurde 1916 gegründet und versammelte alle deutschen kulturellen Vereine in den einzelnen Provinzen und unterstützte die Erhaltung des Deutschtums in Argentinien.
Ziel dieser zahllosen Berichte war einzig und allein die Kontrolle über die Provinzen und Regionen sicherzustellen.