Der Begriff "Internierung" bedeutet, die Unterbringung fremder Armeeangehöriger und politischer Gegner durch Freiheitsentzug, im Wege einer gezielten Zusammenführung, in ein hierfür extra Eingerichtetes, Internierungslager. Auch militärische und zivile Gegenstände können beschlagnahmt, bzw. interniert, werden. Im Rahmen des "Neutralitätsrechts" haben auch neutrale Staaten die Möglichkeit, Angehöriger kriegsführender Staaten, zu internieren – auch Gegenstände wie Schiffe, etc. Die Rahmenbedingungen regelt die "Genfer Konvention", die auf zwischenstaatliche Abkommen zurückgreift und ein wesentlicher Baustein des "Humanitären Völkerrechts" ist.

 

Der argentinische Präsident Roberto María Ortiz ordnete daher am 19. Dezember 1939 die Internierung an. Forderungen, dass die Besatzung ausnahmslos uniformiert bleiben sollte und der deutschen Wehrdisziplinarordnung untergestellt, folgte die argentinische Regierung nicht. Sie erinnerte an die "Interamerikanische Konferenz für die Erhaltung des Friedens" (Buenos Aires, im Dezember 1936) und erinnerte an die Entscheidung der "Interamerikanischen Kommission für Neutralität" (Panama, im Oktober 1939). In dieser Erklärung wird unter anderem vereinbart, dass: >>Internierte grundsätzlich frei sind, jeglicher Subordination kriegsführender Nationen. […]<<


Die Internierungszeit und ihre Besonderheiten – 1940 bis 1943 -

 

Zunächst mal muss bemerkt werden, dass in der gesamten publizierten Literatur, in der über das "Graf Spee"-Ereignis berichtet wird, das Thema Internierung praktisch nicht vorkommt – bestenfalls am Rande und dass es den Charakter einer Fußnote hat. Lediglich zum 50. Gedenken wurde eine Spee-Chronik erarbeitet, nur für einen ausgesuchten Kreis, die einzelne Berichte enthielt. Man könnte also annehmen, dass schon kurz danach die Besatzungsmitglieder in Uruguay und Argentinien auseinander liefen und sich alles in Wohlgefallen auflöste. Jedoch hat die Internierungsperiode länger gedauert, als der ganz überwiegende Teil der Besatzung in der Deutschen Kriegsmarine verpflichtet war - über sechs Jahre.


Erlass zur Verstärkung der Wachen.
Erlass zur Verstärkung der Wachen.
Erlass zur Ausgehzeit und Besuche.
Erlass zur Ausgehzeit und Besuche.
Erlass zum Unterstützungsgeld.
Erlass zum Unterstützungsgeld.
Unterbringungskosten.
Unterbringungskosten.


Methoden zur Internierung

 

Die argentinische Regierung hatte nun beschlossen, per Dekret 50 826, die Internierung durchzuführen. Der Bürokratismus, der wohl in jedem Land der Welt ein Eigenleben führt, bekam durch die Internierung neue und abwechslungsreiche Aufgaben.

Es gab keinen Prozess, der nicht durch ein Dokument gestützt war. Jeder Wille bedurfte einem Antrag … In der "Speesammlung" befinden sich gegenwärtig über 550! gescannte Dokumente. Mit Schreibmaschine ausgefüllte Seiten – mal eine ganze Seite, mal weniger, mal zwei Sätze. Und alles mindestens zweimal abgestempelt. Ob diese alle werthaltig sind, kann man weder bestätigen noch verneinen, aber es geht auch nicht darum, sondern zunächst nur um die Menge. Es wurde Papier produziert und manchmal hat man den Eindruck, nur um des Willens zu produzieren. Und ob das alles ist, kann man mit Recht bezweifeln.

 

Jedenfalls bestätigt mancher Inhalt Vorgänge, aber widerlegt auch lieb gewordene Behauptungen. Besonders aber findet eine Art der Beurkundung statt, dass die Besatzungsmitglieder in der Internierung sich keinesfalls in einem "Rechtsfreiem Raum" befanden und wo sie ungehindert tun und lassen konnten, was sie so gerade wollten. Das Gegenteil war der Fall.

Einzelne Dokumente, die sich auf den jeweiligen Sachverhalt beziehen, sind in der Galerie einzusehen. Natürlich sind die alle auf Spanisch abgefasst, aber wo immer sinnvoll haben diese einen deutschen Kommentar.

 

Bereits am 18. Dezember 1939 ordnete der Marineminister A. Pantín an, dass die gesamte Zone Dársena Norte, die das "Arsenal Naval" und das "Hotel de Inmigrantes" beinhaltete, eine verstärkte Wache erhalten sollte, die ständig einem alleinigen Offizier unterstellt war. Weiter ordnete er an, dass bis auf Widerruf die Besatzung das Gelände nicht verlassen dürfte – innerhalb des selbigen durften diese sich frei bewegen und sollte dieses aus welchen Grund auch immer eingeschränkt werden müssen, sollte das dem ranghöchsten deutschen Offizier gemeldet werden.

 

Später am 23. Dezember wurde vereinbart, dass die für die folgenden zwei Tage die Besatzung für einen Spaziergang Erlaubnisscheine erhalten würden – Offiziere blaue, der Rest weiße. Ab 27. Dezember wurde dann die Ausgehzeit zwischen 08:00 und 20:00 Uhr limitiert. Besuche durften von Einzelpersonen oder Familien erfolgen, die sich durch eine ausgestellte Erlaubnis der deutschen Botschaft ausweisen konnte.

 

In den Tage darauf erfolgte von den argentinischen Behörden eine Personenregistrierung dergestalt, dass ein Dokument angelegt wurde mit Passfoto, wo einige persönliche, familiäre und biometrischen Daten angegeben waren – auf der Rückseite war Platz für ggf. von Angaben über Strafen und der Verlust von Bürgerrechten. Dieses Dokument mit der Bezeichnung "Planilla Prontuarial" war im Prinzip eine Datensatzsammlung, wo wesentliche persönliche Personendaten zusammengefasst und dem argentinischen Zentralregister (ähnlich dem Deutschen Bundeszentralregister) zugeführt wurden. Darüber hinaus wurde eine "Cédula de Internación" (Internierungsausweis) ausgestellt. Anfangs war es "nur ein Papier mit Bild", später wurden richtige Ausweise ausgestellt, wieder mit persönlichen und biometrischen Daten und einem rechten Daumenabdruck. Allerdings versehen mit einem in rot quer verlaufenden Vermerk, dass "das Dokument nur die Identität bestätigt", damit war gemeint, dass keine arg. Staatsbürgerschaft vorlag.

 

Die argentinische Regierung stellte monatlich 100.000 Pesos für die internierte Besatzung zur Verfügung. Da 1939 der Peso an das Britische Pfund gekoppelt war, wären das RM 144.000,- gewesen bzw. € 475.000,- - p.P. € 450,00.

Weiter wurde ein Unterstützungsgeld ab 01. April 1939 ausgezahlt. Die Abwicklungsbehörde war die Polizei und die Auszahlung erfolgte persönlich auf einer Poststelle nach Vorlage der Ausweispapiere. Über die Deutsche Botschaft musste ein Kostenersatz erfolgen. Dekret vom 17. April 1940.

 

Für die Stabsoffiziere betrug die Unterstützung $350,-; für KptLt. $300,-; für Lt. $250,- monatlich. Unteroffiziere $4,-; Mannschaften $3,- täglich.

Im Zeitraum vom 18. Dezember 1939 bis 31. Januar 1940 betrugen sämtliche Unterbringungskosten im Hotel und im Arsenal Naval $45.026,44. Davon für die Ernährung $22.867,90; für die Sachmittel $21.093,74 und für die Küche, Reinigung, Apotheke, etc. $1.064,80.



"Die Feldpost"

 

Eine wesentliche Regelung musste noch im Hinblick auf das Versenden von Postkorrespondenz und Paketsendungen nach Deutschland getroffen werden.

Am 11. Januar 1940 sandte daher die Deutsche Botschaft ein Gesuch an die argentinische Generaldirektion für das Post-und Telegrafenwesen. Es ging um eine Verfahrensklärung bezüglich der staatlich-gebührenfreien Postsendungen der Internierten nach Deutschland gemäß Artikel 49 Absatz II – Grundlage war das Übereinkommen des Weltpostvereins mit seinen Mitgliedsstaaten vom 20. März 1934.

Es war der zehnte Weltpostkongress und fand vom 1. Februar bis 20. März 1934 in Kairo statt. Es ging u.a. hauptsächlich um Verkehrserleichterungen, Gebührenermäßigungen und Betriebsvereinfachungen.

Genauer, dass Internierte und Kriegsführende Parteien, die in einem neutralen Land sich befinden, von jeglicher Postgebühr, befreit sind; außer wenn es sich um Postrücksendungen als Luftfracht handelt.

Am 29. Januar antwortet die Generaldirektion für das Post-und Telegrafenwesen der Deutschen Botschaft und teilte die Verfahrensweise mit. Demnach sollten sich die Internierten Besatzungsmitglieder an den Postschaltern ausweisen müssen und die Deutsche Botschaft sollte eine Liste vorlegen, aus der die Wohnsitze hervorgingen. Mit demselben Datum wurde die Resolution 1.275 D.C. verabschiedet, die die Verfahrensweise und die Gebührenfreiheit zum Inhalt hatte.


Eine weitere Resolution 6.331 D.C. vom 03. Mai 1940 regelte die Verfahrensweise an den verschiedenen Internierungsorten.

Bis Ende 1941 wurde die gesamte Postkorrespondenz auf dem Luftweg abgewickelt, hauptsächlich durch die Fluglinie Cóndor und LATI. (Línias Aéreas Transcontinentales Italianas)

Es bestand auch die Möglichkeit, Paketsendungen mit PanAmerican Airways, via New York, zu schicken.

Cóndor, eine Tochtergesellschaft der Lufthansa in Brasilien, transportierte Paketsendungen von Buenos Aires nach Natal via Rio de Janeiro. Von Natal aus übernahm LATI den Transport bis Rom via Bolama (Portugiesisch-Guinea) und Lissabon. Ab dem 22. Dezember 1941 übernahm PanAmerican Airways den Transport, nachdem Brasilien der Fluggesellschaft LATI die Rechte entzog.


Weitaus komplizierter war die Verfahrensweise für Brief und Paketsendungen von Deutschland aus nach Südamerika.

Es gab Bestimmungen der Deutschen Kriegsmarine und dem Reichspost Ministerium.

Am 16. Januar 1940 schickte das OKM, unter der Führung von Adm. Räder, an die Verwandten ein >>Merkblatt für Postsendungen an die internierte Besatzung des früheren Panzerschiffes "Admiral Graf Spee"<< das auf drei Seiten Anweisungen enthielt, was zu beachten wäre.

 

Bis Ende 1941 transportierte auch hier LATI die Postkorrespondenz und Paketsendungen aus Deutschland von Rom aus nach Natal über Lissabon-Bolama. Von Natal, via Rio de Janeiro, transportierte Cóndor diese weiter nach Buenos Aires.

Auch konnte der Transport von Europa aus über New York mit Pan American Airways erfolgen.

 

Ab Dezember 1941 konnte der transatlantische Dienst nur noch durch PanAmerican Airways erfolgen. Allerdings hing die Route von saisonalen Bedingungen ab.

Im Sommerhalbjahr der nördlichen Hemisphäre war die Route Lissabon-Horta (Azoren) - Hamilton (Bermuda) - New York.

Im Winterhalbjahr wurden zwei Routen verwendet. Entweder: Lissabon - Bolama – Port of Spain (Trinidad) - San Juan (Puerto Rico) - Hamilton (Bermuda) - New York. Oder: Lissabon - Bolama - Natal – Port of Spain - San Juan - Miami - New York.

Der Schiffstransport wurde von Lissabon aus durchgeführt. Bis Lissabon übernahm den Transport die Lufthansa - Briefe von bis zu 250 Gramm waren kostenlos.

Ab Lissabon übernahmen neutrale Schiffe den Transport nach Buenos Aires. In einigen Fällen transportierten auch britische Schiffe, die auf der Durchreise nach England waren, von Lissabon aus die Postkorrespondenz und Paketsendungen nach Amerika und von dort, wie schon beschrieben, ging es mit PanAmerican Airways weiter.

 

Für die internierte Besatzung der "Graf Spee" und der "Tacoma" in Uruguay, gab es keine Gebührenfreiheit, da dieses Land die Vereinbarungen, die auf dem Weltpostkongress in Kairo 1934 getroffen wurden, offenbar nicht mitratifiziert hatte.

Die Konsequenz war, dass das Porto selbst bezahlt werden musste.

Ein normaler Brief nach Argentinien kostete 5 centésimos, ein eingeschriebener Brief kostete 10 centésimos. Für Übersee gibt es keine Erfahrung.

 

Später, im Jahr 1943, ordnete das uruguayische Innenministerium eine Briefzensur an.

 

Und weiter fanden diese Regelungen, in Bezug auf die Postkorrespondenz und die Paketsendungen, auch für die Insel Martín García, Sierra de la Ventana und Florencio Varela Anwendung.

In Sierra de la Ventana kümmerte sich anfangs, um das Holen oder Verschicken, das argentinische Wachpersonal - eine Poststelle befand sich in der Nähe des Hotels. Später aber wurde der Ob.Bts.Mt. O. Eggerstedt mit dieser Aufgabe betraut.

 

Nachdem Argentinien am 27. März 1945 Deutschland den Krieg erklärte, Grundlage war das Dekret 6945, wurde auf der Grundlage des Dekretes 7037 vom 02. April 1945 ein Postzentrum für die interne und internationale Kommunikation eingerichtet die zur Aufgabe hatte den gesamten In-und Ausländischen Postverkehr zu zensieren, was aber praktisch nicht stattfand.

Auch wurden die Postsendungen der nun kriegsgefangenen Besatzungsmitglieder durch die argentinischen Behörden nicht zensiert.

 

Wohl aber wurden die Postsendungen durch das "Speebüro", und später als sich das personal in Florencio Varela befand, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zensiert bzw. genehmigt – eine erstaunliche Vorgehensweise.

 

In Deutschland hing nun die Zensur davon ab, welcher Versandweg für die Weiterleitung der Postsendung infrage kamen bzw. von den Adressen der Empfänger und Absender.

Die Postkorrespondenz auf dem Luftweg nach Südamerika musste über die Auslandsbriefprüfstelle Berlin bearbeitet werden gekennzeichnet mit dem Buchstaben "b" oder, ersatzweise durch die Niederlassung in Frankfurt, gekennzeichnet mit dem Buchstaben Buchstabe "e". Paketsendungen allerdings wurden durch die Niederlassungen des Kölner Büro mit dem Buchstabe "c" und München mit dem Buchstabe ("d"). Die Buchstaben befanden sich auf den Typischen runden Poststempeln im unteren runden Feld.


Ein Brief vom Musikmaat Erich Rudat - VI.Div. - der auf der Insel Martín Garcia interniert war. Dieser wurde über die Deutsche Botschaft in Buenos Aires nach Deutschland, "via Cóndor LATI", am 19. November 1940 gesandt; Empfänger war Frau E. Bosselmann. Allerdings wurde der Brief vor aushändigung geöffnet und der Inhalt geprüft ... die Privatsphäre war nicht viel wert.


Das vertrauliche Schreiben.
Das vertrauliche Schreiben.

Realisierung der Internierung

 

Kurz gab es die Überlegung, die Besatzung auf den Marinestützpunkt "Puerto Belgrano" in Bahia Blanca zu verlegen; das wurde aber wieder verworfen.

Die Gründe für diese Aufteilung waren diverse. Abgesehen davon, dass der Wohnraum für diese große Anzahl an Personen weder im Stadtzentrum noch in der Peripherie vorhanden war, wollte man eine Aufteilung der Besatzung schon aus Sicherheitsgründen.

Und wie schon oben erwähnt, sollte die Besatzung, der Internierungsregeln der Genfer Konvention folgend, der totalen Kontrolle durch die deutsche Botschaft entzogen werden.

 

Darüber hinaus bestand von Anfang an der begründete Verdacht, dass die deutsche Auslandsvertretung Fluchthilfe leisten wollte. Aus einem Schreiben vom 26. Dezember 1939 vom argentinischen Außenminister J.M. Cantilo an den Innenminister Dr. D. Taboada geht folgendes hervor:

  • Dass zuallererst Argentinien die Neutralitätspflichten einzuhalten hätte.
  • Ungeachtet dessen, dass der deutsche Botschafter v. Thermann strenge Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen nicht für erforderlich hält, wohl aber dass die deutschen Offiziere weiterhin Richtungs- und Disziplinierungsbefugnisse über die Besatzung ausüben.
  • Vor allem darf nicht vergessen werden, dass es sich nicht um Einwanderer handelt, deren Handlungsfreiheit weit gefasst ist, sondern um Internierte, deren Aktivitäten die Regierung, in deren Gewahrsam sie aufgrund internationaler Verpflichtungen stehen, sonst kompromittieren können.

Am Ende ist noch der Hinweis zu lesen, dass als Anlage ein Schreiben des britischen Botschafters vom 24. Dezember 1939 beigefügt war.


Die Verlegung der einen und der Verbleib der anderen

 

Zunächst war vorgesehen, dass die Offiziere, die Unteroffiziere m.P. und eine kleine Anzahl Unteroffiziere o.P. im Zentrum von Buenos Aires bleiben sollten, ihrem Ehrenwort verpflichtet, der polizeilichen Aufsicht unterstellt, sollten diese nicht die Hauptstadtgrenzen verlassen.

Für die übrigen Unteroffiziere und die gesamte Mannschaft musste über den Verbleib das Innenministerium noch entscheiden.

 

Die Gründe für diese Aufteilung waren diverse. Abgesehen davon, dass der Wohnraum für diese große Anzahl an Personen weder im Stadtzentrum noch in der Peripherie vorhanden war, wollte man eine Aufteilung der Besatzung schon aus Sicherheitsgründen.

Nach welchem Kriterium die Besatzungsmitglieder den einzelnen Internierungsorten zugeteilt worden sind, ist schriftlich nicht belegt, und es lässt sich auch keine Systematik erkennen.

 

Es scheint aller Wahrscheinlichkeit aber so gewesen zu sein, dass die, die in einem sehr kurzen Zeitraum, ein bis zwei Monaten, vertraulichen Zugang zu einer Patenfamilie fanden, dort einen Wohnsitz melden konnten und auch eine gefestigte Aussicht auf eine Anstellung hatten, im Stadtzentrum bzw. Stadtrand von Buenos Aires bleiben konnten. Den Dokumenten in der Galerie ist leicht zu entnehmen, dass bereits ab April die Anstellungen erfolgten und ein Wohnsitz nachweisbar war. Gesamt werden 184 Mann genannt.


Als Internierungsorte wurden schließlich folgende Provinzen gewählt:

 

Buenos Aires, Córdoba, Mendoza, Santa Fe und San Juan, wo die sogenannten "Speelager" später entstanden. Kurz darauf folgte die Insel Martín García und später, im Jahr 1944, Sierra de la Ventana und Florencio Varela – darüber wird später im Abschnitt  Der Paradigmenwechsel  noch ausführlich berichtet.



Diese frühzeitige Anstellung vieler Besatzungsmitglieder einerseits und die vorgesehene Verlegung anderer in unterschiedliche Internierungsorte anderseits hatte zur Folge, dass entsprechend eingekleidet werden musste.

Vorrangig die, die verlegt werden sollten, und da es auch in Argentinien eine Wintersaison gibt und alle Provinzen, außer die Insel Martin Garcia, am Fuß der Andenkordillere liegen, musste es die entsprechende Bekleidung sein. Obwohl nicht uniformiert, waren die Betreffenden gut daran zu erkennen, dass sie alle Anzüge trugen, in der Farbe "Braun" und leicht gemustert, Schurwolle, ein Tuch von hoher Qualität, dazu passend Hemden und Krawatte - wer wollte, auch ein Hut.

Der "Herrenausstatter war das Kaufhaus "Albion House" - das klang zwar englisch, war aber ein deutsches Kaufhaus - Inhaber war ein Herr Nagel.

 

Zu den Unterkünften in den Provinzen, an den Orten der Internierung, wird nachfolgend noch genauer berichtet. Jedenfalls handelte es sich Wohnblocks, Einzelhäuser, Pensionen, Polizei oder Militärkasernen und Gutshöfe.

In "Capilla Vieja", in der Provinz Córdoba, z. B. musste die notwendige Unterkunft erst gebaut werden. Auf dem Grundstück eines deutschen Besitzers, Name J. Capuhn, wurde ein schönes Gebäude errichtet, das durch die deutsche Botschaft finanziert war und von den Internierten errichtet wurde.

 

Das Dokument vom 16. März 1940, die Grundlage war das Dekret 58.556, es bildet den Erlass ab, dass an allen Orten die Internierten der örtlichen Polizeiaufsicht unterstanden und auch der Bewegungsspielraum definiert war – im Radius nicht weiter als 50 km vom Internierungsort. Ab Ende März 1940 begann die Verlegung von Teilen der Besatzung.



Die Internierungsorte im Einzelnen

  • Buenos Aires – hier waren anfangs 150 Mann geplant; in den oben genannten Unterlagen, die über eine Anstellung Auskunft geben, weisen aber bereits für das Jahr 1940, 184 Mann aus.
  • Entweder wohnten sie bei einer Patenfamilie mit gemeldetem Wohnsitz oder in Pensionen. Eine Anstellung fanden sie fast ausnahmslos in deutschsprachigen Unternehmen bzw. Geschäften aller Art. Verantwortlich hier war das "Speebüro", über das später noch ausführlich berichtet wird.
  • Córdoba - am 21. und 27. März 1940 erreichten 252 Mann das Ziel. Zunächst wurden sie in Polizeikasernen untergebracht. Einen Monat später wurden sie gruppenweise in unterschiedlichen Orten verteilt – der größte Teil auf einem großen Gutshof und in "Capilla Vieja", im Departement "Calamuchita". Ein kleinerer Teil wurde in den Orten "Ascochinga", "La Calera", "Villa Maria" und "Villa Calamuchita“"untergebracht. Später, Ende des Jahres 1943, wurden alle auf den Gutshof und in "Capilla Vieja" zusammengeführt. Die Verantwortlichen hier waren Ob.Mech.Mt. K. Bohmert und Ob.Masch.Mt. W. Grabau.
  • Mendoza – am 18. März 1940 erreichten 100 Mann das Ziel. Nachdem die Polizei ihre Daten registriert hatte, wurden sie in neu erbauten Wohnblocks untergebracht, sogenannte "Casas Colectivas", im Stadtteil "Gobernador Gano". Später, Ende des Jahres 1943, wurden sie auf einem großen Weingut in "Carrodilla" zusammengeführt, im Departement "Godoy Cruz". Verantwortlich hier war der Ob.Bts.Mt. R. Matzke.
  • Santa Fe - am 29. März 1940 erreichten 200 Mann das Ziel. 50 Mann wurden in der Kaserne des XII. Infanterieregiments untergebracht. Weitere 150 Mann wurden zunächst in Herbergen und Pensionen versorgt. Da die Stadt so eine große Anzahl nicht unterbringen konnte, wurden am 09. April 1940 davon 100 Mann in die nächstgrößere Stadt Rosario überstellt. Die Deutsche Botschaft suchte und mietete für die 100 Mann zwei Gutshöfe als Unterkunft für alle. Später, Ende des Jahres 1943, wurden alle auf den Gutshof "Campo Funes" im Viertel "Guadalupe" zusammengeführt. Hier wurden drei Schlafräume und ein Speiseraum errichtet – die Arbeit und die Kosten wurden von den Internierten selbst getragen. Ende 1944 wurde "Campo Funes" vom argentinischen Militär requiriert um das XII. Infanterieregiment unterzubringen. Daher wurde von den Internierten der Gutshof "Quinta Ocetti" übernommen, unweit vom vorherigen Standort. Weiter diente als Unterkunft ein ehemaliges Krankenhaus für psychisch Kranke; auch das wurde renoviert und die Kosten von den Internierten bezahlt. Hier blieben sie bis Februar 1946. Verantwortlich hier war Matrose.Hpt.Gefr. G. Wohltat.
  • Rosario - wie oben schon erwähnt waren aus Platzgründen 100 Mann hier untergebracht worden. Zunächst waren Teile in einer Kaserne der Feuerwehr untergekommen und andere in Pensionen und Privathäusern. Später wechselt ein Großteil in ein Wohngebäude im Viertel "Alberdi". Der Rest wohnte weiter in Pensionen und Privathäusern. Die Verantwortlichen hier waren Stbs.Ob.Fw. H. Uhlemann und Btsm. A. Niemann.
  • San Juan - am 03. April 1940 erreichten 50 Mann das Ziel. Anfangs wurden sie in einer Polizeikaserne untergebracht und später, für etwa zwei Wochen, zu dritt bzw. sechst auf Pensionen verteilt. Kurz darauf wurden sie, in der Kolonie "La Bebida" eine Bergregion in "La Zonda", in drei großen Wohnhäusern einquartiert. Eins der Häuser wurde zu einer Großküche umgestaltet, die anderen beiden wurden mit jeweils 25 Mann belegt. Während des fünf-monatigen Aufenthaltes widmete man sich der Pferde - und Schweinezucht. Zum Jahreswechsel 1940 - 1941 mussten diese Häuser allerdings wieder geräumt werden, da sie tatsächlich als Schullandheime dienten. Also wurden die Internierten zunächst für zwei Wochen wieder in Pensionen untergebracht, bis im Departement "Concepción" ein großes Wohngebäude mit zehn Schlafzimmern und einem ordentlichen großen Ess-und Wohnraum, der zuvor von den neuen Bewohnern renoviert worden war, zur Verfügung stand. Im Januar 1944 kam es dann zu einem Erdbeben, das die Stadt San Juan sehr stark beschädigte - die Internierten leisteten Erste Hilfe bei der Bergung der Opfer. Verantwortlich hier war Ob.Bts.Mt. L. Lange. Aufgrund der starken Beschädigungen wurden sie nach Mendoza verlegt und mit den anderen dort Internierten auf das Weingut in "Carrodilla" im Departement "Godoy Cruz" zusammengeführt. 

Es ist nicht zu übersehen, dass die Internierung schon frühzeitig für den überwiegenden Teil der Besatzung, auch zu einer Art "Wanderzirkus" wurde.



Isla Martín García

Die Isla Martín García ist im Prinzip eine Exclave. Die Insel liegt im La Plata in uruguayischen Hoheitsgewässern und hat eine Größe von etwa 180 ha und liegt 27 m über NN. Die Insel ist nach einem Expeditionsmitglied benannt, der 1516 nach der Entdeckung dort starb. Wegen der strategisch günstigen Lage nahe der Mündung des Uruguay-Fluss war diese frühzeitig zum Streitobjekt zwischen Spanien und Portugal geworden. Ab 1765 wurde die Insel als Gefängnis und Verbannungsort genutzt – eine Militärfestung kam dazu. Ab den 1870er Jahren wurden gefangen genommene Indianerhäuptlinge auf die Insel verbannt. Später ab 1900 gab es dort auch ein Polizeipräsidium und ein Lazarett.

Zwischen 1900 und 1970 wurde die Insel als Verbannungsort zahlreicher bedeutender Politiker bekannt, unter ihnen z.B. die Staatspräsidenten Yrigoyen (1930), Perón (1947), Frondizi (1962).

Erst 1973 unterzeichnete Argentinien mit Uruguay den "Río-de-la-Plata-Vertrag", in diesem erkannte das östliche Nachbarland die argentinische Souveränität über die Insel Martín García verbindlich an. Allerdings sind auch Teile des Gewässers des Río de la Plata an Uruguay abtreten worden, wodurch die Insel vollständig von uruguayischen Hoheitsgewässern umgeben ist, die Entfernung zum argentinischen Teil des Río de la Plata beträgt jedoch weniger als 2 km. Heute leben dort weniger als 200 Einwohner und die Insel ist ein Tourismusziel - die Ruinen der Militärfestungen, des Lazaretts und des Präsidiums, sowie ein naturbelassenes Sumpfgebiet.


Die "neuen Insulaner"

 

Die Annahme durch die argentinischen Behörden, dass die Offiziere, die Unteroffiziere m.P. und eine kleine Anzahl Unteroffiziere o.P., die im Zentrum von Buenos Aires bleiben sollten, ihr Ehrenwort halten, die polizeiliche Aufsicht respektieren und die Hauptstadtgrenzen nicht verlassen würden, erfüllte sich nicht. Bereits bis März 1940 waren insgesamt sechzehn Internierte geflüchtet.

Daher hatte in Februar 1940, als die ersten Fluchten bekannt wurden, die argentinische Marine die Verwaltung der gesamten Insel übernommen, und die dort lebende Zivilbevölkerung musste aufs Festland zurück.

Ein Schreiben vom "Verwaltungschef" KpzS. W. Kay vom 20. März 1940 einerseits, in dem er die sehr ungenügende Unterbringung der Offiziere und Unteroffiziere kritisiert und die Fluchten einiger Offiziere anderseits, führte dazu, dass die argentinische Regierung am 08. April 1940, Grundlage war das Dekret 59.459, die Insel Martín García als Internierungszone für den obgenannten Personenkreis anordnete - danach begann sofort die Verlegung.

 

Als Freizeiteinrichtung gab es einen Sportplatz und ein Kino. Badestrand und Angelmöglichkeit. Ein Verlassen der Insel war nur durch vorzeitige Ankündigung und der darauf folgenden Erlaubnis möglich; es handelte sich hierbei um einen Passierschein auf dem gedruckt war, dass der Nutzer, mit Unterschrift, sein Ehrenwort gibt, s. Galerie, wieder rechtezeitig zurückzukehren. Anfangs waren diese in deutscher Sprache, später in der spanischen Sprache gedruckt. Das galt auch für Erkrankungen, die auf der Insel nicht behandelbar waren.

 

Die Stabsoffiziere wurden im ehemaligen Offizierskasino untergebracht, das auch über Schlafräume verfügte; die restlichen Offiziere in einer Schule nahe der Mole. Alle Unteroffiziere wurden in den Räumen einer ehemaligen militärischen Ausbildungsstätte untergebracht.

 

Die Aufsicht über die Internierten hatte eine argentinische Wachmannschaft.

 

Eine notwendige Infrastruktur fehlte und es wurden Duschräume, eine Kantine und eine Küche aufgebaut. Und wie es sich für eine gute Bürokratie gehört, wurde auch ein Antrag mit Auflistung aller benötigten Gegenstände an das Marineministerium geschrieben. Es sollte eine Feldküche sein, für 250 Portionen, Modell "Carpinetti" – unterzeichnet auch von Ltn.(V) H. Drews, der für die Verwaltung verantwortlich war.

Wie schon oben berichtet, war neben dem "Speebüro" im Zentrum der Hauptstadt die "Hauptverwaltung" der Besatzungsmitglieder auf der Insel ansässig. Während aber auf der Insel "vor sich her verwaltet wurde", erbrachte die eigentliche Arbeit das "Speebüro":

  • Die gesamte finanzielle, medizinische und soziale Betreuung für die Besatzung in den verschiedenen Internierungsorten.
  • Während die Internierten im Stadtzentrum ihr Lebensunterhalt durch eine Anstellung bereits weitgehend selbst verdienten und nur ggf. ein Krankenhausaufenthalt organisiert werden musste, war in den Provinzen mehr Generalbetreuung erforderlich.

Im Büro waren dreizehn Mann ständig beschäftigt und an Wochenenden kamen zusätzlich vier von der Insel rüber.

Der Verbindungsweg von der Insel zum Festland wurde mit zwei ehemaligen Minensuchbooten ausführt – "Golondrina", "Cormoran" und "Drumond" – die Entfernung lag bei 25 sm, Fahrt etwa zwei Std. - das lag an den starken Tide-Gegebenheiten.

Gerade der Zusammenhalt der Besatzung war eine zentrale Aufgabe, und das wurde durch den unbeirrbaren Glauben an Disziplinarmaßnahmen versucht.

Ein ehemaliges Besatzungsmitglied, das im "Speebüro" tätig war, drückte es wie folgt aus:>>Weil das aber oft nicht glückte, wurde nach gegebener hierarchischer Ordnung befohlen; moderne Menschenführung gab es im 1.000jährigen Reich noch nicht<< […].

 

Aus den allgemeinen Erzählungen und dem Berichtswesen ist erkennbar, dass das Büro sowohl während als auch in den Jahren danach bei der Besatzung keine Sympathien erwarten konnte. Das berühmteste Mittel zur "Strafverfolgung", auch bei nichtigen Anlässen, war stets die Wehrsoldkürzung und damit wurden automatisch Urlaubspläne blockiert. Besonders bei KKpt. R. Höpfner, ehemaliger II.NO auf der "Graf Spee", der diese Maßnahme gerne einsetzte tendierte die Beliebtheit gegen null.

 

Abermals brachte es ein ehemaliges Besatzungsmitglied, das auf Martín García interniert war, dem Geschehen nah auf den Punkt: >> Der Zusammenhalt wurde zusätzlich gefördert durch ein gemeinsames "Feindbild", das man gegenüber der Lagerführung und der "Obersalzbergführung" durch "Monte Kay", ersatzweise aufbaute<<[…].

 

Ein anderes gern genutztes Mittel, das gerade bei denen die eine Anstellung hatten und über ein gutes Einkommen verfügten, war das verschleppen bevorstehender Beförderungen – nachweislich bis zu anderthalb Jahre.

Grund waren nicht etwa disziplinarische Vergehen. Der Grund lag darin, dass gerade Besatzungsmitglieder, die sehr frühzeitig eine Anstellung hatten und in Patenfamilien untergekommen waren, zunehmend selbstständiger handelten und das eigene Denken voranstellten.

Durch das permanente Festhalten an den Leitgedanken von Befehl und Gehorsam entging der Lagerführung offenbar der schleichende Akzeptanzverlust bei der Besatzung. Darüber hinaus muss sich im "Speebüro" im Laufe der Zeit ein Eigenleben herausgebildet haben und die dort Beschäftigten betrachteten sich zunehmend als eine höhere Verwaltungsinstanz und nicht mehr Teil ihrer eigenen Kameraden.

 

Um es mit Abraham Lincoln zu sagen: >>Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht<<[…]

 

Dieser Vertrauensverlust zwischen der gesamten "Speeverwaltung" und dem Rest der Besatzungsmitglieder muss offenbar im Jahr 1944 eskaliert sein und zwang den argentinischen Verbindungsoffizier OTL Cossavella zu ungewöhnlichen Maßnahmen – mehr unter: Der Paradigmenwechsel.

 

Das Personal der "Hauptverwaltung" auf de Insel rekrutierte sich aus:

  •  KptzS. W. Kay, KKpt. R. Höpfner, KKpt. H. Nahkötter, Stbs.Ob.Ver.Fw. H. Peters, Stbs.Ob.Fw. A. Riedel,
  • Stbs.Ob.Masch. H. Wöllner, Ob.Wachmeister A. Jerichow, Ob.Masch. M. Lehrnbecher.

Zur Dauerbesetzung des "Spee-Büros" gehörten:

  • Ltn.(V) H. Drews, Ob.Masch. F. Gross, Ver.Ob.Mt. W. Daniel, Ver.Ob.Gefr. E. Parbst, Schr.Ob.Gefr. H. Hirth,
  • Schr.Ob.Gefr. T.Hoffmann, Schr.Ob.Gefr. W.Schwarz, Schr.Ob.Gefr. H. Wissen, Masch.Gefr. G. Fusswinkel,
  • Sig.Gefr. W. Pieper, Matr.Gefr. K.H. Romann, Matr.Gefr. J. Wagner.
  • Ergänzt wurde das Büro personell durch einen Zivilangestellten; es war Ernst Clouth, damals 35 Jahre, Herkunft aus Wiesbaden-Biebrich, seit 1934 Mitgl. in der NS-Auslandsorganisation mit Nr. 3592435 - auch hier hatte das "Netzwerk" alles unter Kontrolle.
  • Zum Sanitärbereich gehörten Mar.Ob.Ass.Arzt Dr. Habel, Mar.Stbs.Arzt Dr. Peerenboom, San.Mt. H. Schnabel – nach der Genfer Konvention galten alle drei nicht als Internierte.

Als am 23. März 1945 Argentinien Deutschland "den Krieg erklärte" wurden diese Verwaltungsstrukturen auch aufgelöst.



Bis Ende April waren alle die, bis dahin im Stadtzentrum Verbliebenen Offiziere und Unteroffiziere, auf die Insel Martín García verlegt worden - zusätzlich wurden noch 20 Manschaften beigeordnet, als deren "Ordonnanzen".



Die möglichen zwei Seiten einer Internierung

 

Wie aber war es den beiden Maschinisten der VIII. Division, die gleich am Anfang vorgestellt worden sind, mit beginn der Internierung ergangen?


Hans Götz fand Anschluss in der deutschen "Patenfamilie" Lindner. Diese Bekanntschaft dauerte aber zunächst nicht lange.

Im April 1940, die Internierung war in de Provinz Córdoba erfolgt, unternahm er von dort aus einen Fluchtversuch. Dabei war der Masch.Mt. R. Allgeier, der Ob.Masch.Mt. Max Wagner und der Strm.Mt. W. Kempe.

Seinem Tagebuch ist zu entnehmen, dass er und seine Kameraden den Weg nach Bariloche nehmen mussten, das liegt in der Provinz Rio Negro und weiter über die chilenische Stadt Osorno nach Santiago, mit der Absicht sich dort einzuschiffen und so nach Deutschland zu gelangen – der Fluchtversuch misslang.

  • Mit dem späteren Auffinden chilenischer Dokumentation konnten die Umstände der Flucht gut rekonstruiert werden. Nach Götz späterer Aussage gegenüber den chilenischen Behörden war es so, dass er am 29. Juni Buenos Aires mit einem Schiff verlassen hatte, mit Ziel Bahia Blanca, wo er am 30. Juni eintraf. Von dort ging es weiter mit dem Überlandbus nach Bariloche, wo er am 01. Juli eintraf und im Hotel Peulla wohnte.
  • Allgeier und Wagner gaben an, am 29. Juni Buenos Aires verlassen zu haben - allerdings nahmen sie den Zug und stiegen in Bariloche aus. Kempe weigerte sich irgendwelche Angaben zu machen; sein Verhalten bei der Befragung soll beleidigend und drohend gewesen sein. Fraglos war es so, dass er zusammen mit Allgeier und Wagner die Flucht antrat.
  •  Den Angaben folgend, dass alle vier bereits im April Córdoba verlassen hatten, aber erst Ende Juni die Flucht fortsetzen konnten, lässt den Schluss zu, dass auch sie in "sicheren Häusern“"die "Das Netzwerk" bereitstellte, untergebracht waren.
  • Von Bariloche aus ging es für alle vier weiter; zunächst mit einem Boot über Seen und später mit PKW samt Fluchthelfer. Sie passierten die chilenischen Städte Peulla und Osorno und erreichten Santiago. Hier wohnten sie im Badeort "El Quisco", in einem Ferienhaus, das Heinrich Jürgens gehörte; er war deutschstämmig, dort ansässig und Inhaber der Firma "Merceria Santiago" - ein Eisenwarenhandel. Darüber hinaus war Angehöriger der DAF-Auslandsorganisation - Grupo Territorial Chile. Bei einer späteren Hausdurchsuchung fand man erhebliche Mengen an Blanco-Reisepapiere und Waffen.
  • Hier benutzten sie chilenische Ausweise, die auf die Namen "Eugenio Smiger", "Enrique Franka", "Jose Achars" und "Gunther Mertens" ausgestellt waren. Damit sollten sie während einer Kontrolle nicht auffallen; da keiner spanisch sprach, ein merkwürdiges Unterfangen. Am 16. Juli ließen sich alle vier in der Hafenstadt Valparaíso registrieren, um das Land zu verlassen.
  • Aber am 04. Oktober 1940 als sie an Bord des japanischen Schiffes "Rakuyo Marú" gehen wollten, zunächst mit Ziel Yokohama, die Dokumente waren schon von der Marinepolizei geprüft und in Ordnung befunden worden, wollte eine andere Gruppe, möglicherweise der Zoll, nun das Gepäck sehen. Ob diese Kontrolle zum Verhängnis wurde, weil in einem der Koffer ein Fotoalbum, ein Tagebuch und verschiedene Andenken zum Vorschein kamen ist, möglich aber nicht der alleinige Grund.
  • Spätestens seit dem 16. August 1940 war den chilenischen Behörden bekannt, der entscheidende Hinweis kam vom chilenischen Konsulat in San Carlos de Bariloche, dass vier Personen mit chilenischen Ausweisen das Territorium betreten hatten. Es handelte sich um die obengenannten: Eugenio Smiger, Enrique Franka, Jose Achars, Gunther Mertens. Die Ausweise waren durch das Deutsche Generalkonsulat in Valparaiso, Konsul P. Baradon, ausgegeben worden.

Da die Behörden aber davon ausgingen, dass es sich um ehemalige Besatzungsmitglieder GS handelte, wurden die chilenischen Häfen unter Beobachtung gestellt.

  • Bei der Festnahme der Vier stellte man ihre Pässe sicher; nun nannten sich diese: "Hans Krieger", "Richard Schuster", "Max Zimmermann", "Willy Koehler". Die Pässe waren auf den 18.06.39/14.02.40/18.12.39/04.02.39 ausgestellt. Auch der Konsul P. Barandon war bei der Festnahme an Bord des Schiffes zugegen. Aufgrund der unterschiedlichen Ausweispapiere mit abweichenden Personendaten und der Tatsache, dass keiner der Vier spanisch sprach, führte sofort zur polizeilichen Festnahme.
  • Warum sich die Geflüchteten, die nur zwei Wochen brauchten, um das vorläufige Ziel zu erreichen, fast vier Monate in Santiago aufhalten mussten, ist auch nicht geklärt; möglicherweise durfte es, als verbündete Deutschlands, nur ein Schiff japanischer Nationalität sein. In jedem Fall betrug die Fluchtroute insgesamt etwa 3400 km.

Aufgrund weiterer Untersuchungen wurden eine ganze Reihe von Helfern in Chile aufgedeckt und eingesperrt. Die Reichweite dieser Festnahmen war viel unangenehmer, als im ersten Moment aussah.


Am 10. Oktober 1940 gab es in Santiago ein Ministertreffen der chilenischen Regierung, wo auch über die vier festgenommenen Besatzungsmitglieder gesprochen wurde, die in Valparaiso in Haft waren.

Es wurde festgestellt das der deutsche Konsul in Valparaiso, Herr Barandon, falsche Pässe an die Personen ausgegeben hatte mit Namen und Daten.

Daher wurde dem argentinischen Außenminister am 12.Oktober 1940 schriftlich mitgeteilt: >>der argentinische Innenminister soll veranlassen, dass die vier geflüchteten und bisher in Argentinien internierten Marinesoldaten, wieder zurückgeführt werden.<<

 

Und weiter: >>dem Deutschen Botschafter in Buenos Aires mitzuteilen, dass man es sehr begrüßen würde, wenn der Konsul Herr Barandon, der sich vorübergehend in der Gesandtschaft in Montevideo aufhält, seine konsularischen Aufgaben in Chile nicht mehr wahrnimmt.<<

 

Paul Barandon, geb. 1881 in Kiel, Völkerrechtler und Diplomat, war ab Mai 1937 Generalkonsul in Valparaiso. Mitte 1937 war er der NSDAP beigetreten. Nachdem er in Chile nicht mehr gewollt war, wurde er kurzzeitig in den Vertretungen in Montevideo und Buenos Aires eingesetzt. Er kehrte 1941 nach Deutschland zurück und im Januar 1942 wurde er Gesandter in Dänemark und ständiger Vertreter "des Bevollmächtigten des Reiches", im besetzten Dänemark. Nach dem Krieg lehrte er in Hamburg an der Uni. Er starb 1971 in Wien.

 

Auch hier wird "Das Netzwerk" der NS-Auslandsorganisation DAF erkennbar; sicher nicht so mächtig wie das in Argentinien, aber schon von der dortigen Gauleitung gesteuert - wie es das Organigramm unter NS-Auslandsorganisation in Argentinien wiedergibt.

 

Chile war aufgrund seiner geringeren Rohstoffvorkommen und der längeren Gütertransportwege nach Europa nicht so interessant, aber als Basis, unerlässlich.


Von Valparaíso aus wurden alle vier Festgenommenen nach Santiago und dort in ein Gefängnis gebracht. Weitere Angaben über die Herkunft der Reisepapiere und sonstiger finanzieller Unterstützung wurden nicht gemacht.

 

Die chilenische Presse sorgte für die unangenehme Verbreitung dieses Vorfalls. Siehe eingebettete Berichte.

 

Nach vielen Verhören wurde alle vier in Polizeibegleitung mit dem "Ferrocarril Trasandino Los Andes-Mendoza" (Transandenbahn) bis zur argentinischen Grenzstation "Las Cuevas", 3.149 ü.NN, gebracht und dort der argentinischen Grenzwache übergeben. Die nahm Verbindung mit den Polizeibehörden in der Hauptstadt auf und nach genauer Feststellung der Personalien, anhand der dortigen Fahndungslisten aller geflüchteten Besatzungsmitglieder, wurde Hans Götz und die drei anderen Kameraden dann per Bahn, damals 1.500 Kilometer Entfernung, nach Buenos Aires zurückgebracht.

 

Hier wurden sie der Marinepräfektur Dársena Norte übergeben – am 26. Oktober 1940 wurde er auf die Insel Martín García überstellt. Einen weiteren Fluchtversuch unternahmen die vier nicht.



Mein Vater, Heinz Neumann, fand Anschluss in der deutschen "Patenfamilie" von Erwin und Juliane Lammel und ihren drei "Sprösslingen". Seine Geschichte verlief aber weniger abenteuerlich.

Sein freundlicher und aufrichtiger Charakter ebnete ihm sicher den Weg in diese deutsche (nationale) Familie und er wurde dort in kurzer Zeit vorbehaltlos aufgenommen. Aufgrund der Aufnahme, sowohl in eine Familie als auch einer Berufstätigkeit, war er zum "Heimschläfer" geworden und konnte sich nun "frei bewegen". Die Beziehungen, die Erwin Lammel zur Elektrobranche hatte, er war als Ingenieur bei der Compañía Alemana de Electricidad – CADE – (Deutsche Elektrizitätsgesellschaft) tätig, taten sicher ihr Übriges.

Darüber hinaus war mein Großvater so klug und meldete, wie die bereits genannten über 500 Unternehmen im Zentrum von Buenos Aires, für sein Haus in Banfield Bedarf für einen Mechaniker an; damit war gewährleistet, dass mein Vater im Hause Lammel seinen festen Wohnsitz haben durfte.

 

Mein Vater hatte frühzeitig eine Anstellung im Unternehmen A.E.G Telefunken erhalten und fing dort am 03. Mai 1940 an. Gleichzeitig hatte er, wie bereits erwähnt, einen Wohnsitz bei seiner Patenfamilie bekommen - in Banfield, Manuel Castro 1015, eine gute Wohngegend und 15 km vom Zentrum entfernt. Im August 1941 wechselte er zu Electrodinie E.N, ein Tochterunternehmen des damaligen deutschen Siemens-Schuckert Konzerns und war tätig als Capataz, ähnlich einem Werkmeister.

 

Das bereits erwähnte "Netzwerk", möge es manchen bisher eher abstrakt erschien sein, ist jetzt in Gestalt der gastgebenden Familie deutlich zu erkennen. Der Familienvater als Mitgründer und Vorsitzender der "Sudetendeutschen Landsmannschaft" und Parteimitglied. Die Ehefrau ehrenamtlich für die "Deutschen Hilfswerke" tätig. Die drei "Sprösslinge" waren alles Schüler der von der deutschen Kolonie bereits 1930 gegründeten deutschen Schule, im Stadtteil Temperley, "Graf Zeppelin". Ende Dezember 1945 wurde auch diese Schule aus politischen Gründen von der argentinischen Regierung geschlossen. Die Gründe sind genannt worden.

 

Darüber hinaus waren sie alle in den "deutschen Jugendorganisationen" eingebunden; der älteste, mit 18 Jahren, auch Pateimitglied.

Jetzt 1939 und sechzehn Jahre alt, war die Tochter der Familie bereits seit zwei Jahren "Jungmädelschaftführerin" im "Bund Deutsch Argentinischer Mädel", vergleichbar einem Unteroffiziersdienstgrad damaliger Zeit in der NS-Hirarchie. Zum Kontrast - der "Patensohn", vier Jahre älter, war gerade mal Masch.Gefr..

Es wäre müßig, jetzt noch über die Gesinnung zu spekulieren. Geburtstage, Ostern, Weihnachten oder der Jahreswechsel – alles wurde nun zunehmend gemeinsam begangen. Außerdem gab es den "deutschen Freundeskreis der Sprösslinge von wesensgleicher Art", in den er in kürzester Zeit Aufnahme fand, und die sich an Wochenenden, regelmäßig im "KdF-Park" der DAF in Punta Chica trafen.

Diese Verhältnisse auf alle "Patenfamilien" abzuleiten wäre sicher nicht korrekt, aber diese auf nur wenige Fälle abzustellen, wäre es ebenso. Am 31. März 1942 wäre seine Zeit der Dienstverpflichtung bei der Kriegsmarine beendet gewesen – die Internierung hatte aufschiebende Wirkung.

Aus der Internierung wurde eine Integration – das "Netzwerk", das einst aus der Parallelgesellschaft entstand, hatte sich mal wieder bewährt.



Das Jahr 1943

 

Dass mit dem Jahr 1943 die Hälfte der Internierungszeit eingeläutet wurde, war zu diesem Zeitpunk noch keinem deutlich, die inzwischen veränderten politischen Rahmenbedingungen für die internierten Besatzungsmitglieder aber schon.

Im Zeitraum vom März 1940 bis August 1941 waren 36 internierte Offiziere aus Argentinien und Uruguay geflohen. Weitere 35 Unteroffiziere und 64 Mannschaften zwischen Januar 1940 und November 1942. Hinzu kamen 53 gescheiterte Fluchten.

Die Fluchtwege waren:

  • Argentinien-Paraguay über Binnenwasserwege und weiter mit Flug über Pernanbuco-Kanaren.
  • Buenos Aires-Mendoza-San Rafael und weiter über Talca-Antofagasta in Chile.
  • Buenos Aires-San Juan-Calingasta und weiter über Ovalle-Antofagasta in Chile.

Von Hafenstadt Antofagasta ging es mit japanischen Schiffen weiter. Dass diese Fluchten organisiert waren, versteht sich von selbst und ohne einheimische Fluchthelfer, meist Deutsche oder mit Deutschland sympathisierende, wäre es nicht gegangen. Regie führte die Abwehr in Deutschland mit Adm. Canaris an der Spitze. Er kannte sich mit den örtlichen südamerikanischen Verhältnissen gut aus. Die Papiere wurden in Buenos Aires erarbeitet.

Es gab aber auch mindesten sechs Fällen, wo Besatzungsmitglieder zur Flucht gezwungen werden sollten und wo ihnen im Fall der Weigerung mit Strafmaßnahmen durch Niebuhr gedroht wurde. Repressalien waren auch manche internierten Seeleute in anderer Form ausgesetzt. Aus dem Schreiben der Organisation "Das andere Deutschland", die eine Monatszeitschrift publizierten und sich als Hitlergegner verstanden, an den Abgeordneten und Vorsitzenden der Untersuchungskommission J.A. Solari, geht hervor, dass sich mehrere Besatzungsmitglieder beschwert hatten, dass der Leiter des Speebüro KptzS. W. Kay, sie genötigt hatte, monatlich $20 Pesos für das Deutsche Rote Kreuz oder für die "Winterhilfe", ein Ableger der DAF, bereitzustellen. In einen Fall hatte sich einer geweigert und hatte dafür 15 Tage Arrest bekommen. Weiter wurde erwähnt, dass für die Zahlungen keine Quittungen ausgestellt wurden. Auch Hilfswertzeichen mussten hergestellt werden, die dem "Deutschen Hilfswerk" für die Spendensammlung zur Verfügung gestellt wurden.

Die abgebildeten vier Dokumente listen allein für Argentinien die Fluchten der Jahre 1940-1942 genau auf; nach Monaten, Internierungsorte, Dienstgrad und die Anzahl der Geflüchteten auf. Zusätzlich eine Gesamtübersicht.

 

Am 10. November 1943 wurde mit dem Dekret 13.640 angeordnet, dass alle Internierten, mit Ausnahme derer bis dahin verheirateten, am jeweiligen Ort unter militärischer Bewachung zu stellen waren. Zuständig für die Bewachung waren folgende militärische Einheiten: Mendoza - Gebirgstruppe "Cuyo" / Córdoba – XIII. Infanterieregiment / Santa Fe - XII. Infanterieregiment /

Rosario - XI. Infanterieregiment / Martín García - das Marineministerium bzw. die Küstenwache.

 

Dieses hohe Maß an Geflüchteten, im Mai 1940 waren es bereits mehr als 30 Mann, führte zu der schon genanten Untersuchungskommission. Die Fluchten, die Fluchtaufforderung und die permanente Einflussnahme auf die Untergebenen, alles eklatante Verstöße gegen das Genfer Abkommen und der Zusatzprotokolle, führte am Ende bekanntlich zur Ausweisung des deutschen Botschafters v.Thermann und dem Militärattaché Niebuhr.




Befragung von Ltn.(V) H. Drews
Befragung von Ltn.(V) H. Drews

Ein anderer Vorgang, der auch belegt, wie gestört das Rechtsverständnis eines internierten Offizier zu dem Land und seinem Parlament war, in dem seine Internierung erfolgte, ist der Fall von Ltn.(V) H. Drews, der in den Akten der Untersuchungskommission abgebildet ist. Anfangs auf Martín García für die Organisation der Internierten verantwortlich, war er ab Mai 1941 im "Speebüro" in Buenos Aires Tätig. Das war von Niebuhr so angeordnet worden, aber nicht mit den argentinischen Behörden abgesprochen. Das wurde erst aktenkundig, als Drews vor der Untersuchungskommission, die sich allgemein mit den anti-argentinischen Aktivitäten beschäftigten, hier aber zusätzlich mit den Fluchten/Fluchtversuche/andere Straftaten der Internierten, geladen wurde.

 

Auf die Frage des Abgeordneten und Vorsitzenden der Kommission Solari, wie es zu der nicht abgesprochenen Maßnahme kam, antwortete er, dass er als deutscher Soldat nur dem argentinischen Marineministerium verpflichtet ist. Auf die Frage des Vorsitzenden der Kommission, wer das angeordnet hat dieses zu erklären, antwortete er: >> das sage ihm das Gefühl als Soldat, dass er nichts zu erklären hätte<<

Da die weitere Befragung kein Ergebnis brachte, weil Drews sich weigerte, eine Aussage zur Sache zu machen, wurde er durch Entscheid der Kommission festgenommen und einem Bundesrichter überstellt.

Seine Bemerkung darauf war: >> dass er nicht ungehörig erscheinen möchte, aber im Leben eines Soldaten ist es Gewohnheit, nur eine Autorität anzuerkennen<<.


Gewinner und Verlierer

 

Dieser Begriff, der in jeder Gesellschaft eine feste Größe ist, fand auch für die Internierung Anwendung. Sicher, allgemein betrachtet war die Internierung - am Ende den Krieg überlebt zu haben -, für alle ein Glücksfall - oder sollte es jedenfalls sein.

Aber noch befanden sich alle in der Halbzeit und nicht wenige bedauerten in ihren Schreiben an die Familien in Deutschland "das sie nicht zum Endsieg beitragen könnten".

Dass in Stalingrad 150.000 deutsche Soldaten gefallen waren, dass Paulus und  seine restliche 6. Armee in Gefangenschaft ging, dass Anfang Februar 1943 die Außerdienststellung von 12 "Dickschiffen" der Kriegsmarine angeordnet wurde und dass allein, mit der "Operation Gomorrha" im Juli 1943, ganze Stadtteile von Hamburg ausradiert wurden und am Ende die Stadt in Schutt und Asche lag, hatte man im entfernten sonnigen Argentinien nicht so mitbekommen. Wie ihre Familien wohl diese "beklagenswerte Gedanken" aufgenommen haben …

 

An den Internierungsorten in den Provinzen, auch wenn es sich um die Regierungsstädte handelte, mindestens aber Großstädte, waren Arbeitsplätze eher selten. Hier und da ergaben sich einige Möglichkeiten, aber nicht für die große Anzahl Internierter. Dieses permanente Einerlei, diese Zeit der Untätigkeit, ohne irgendwelche kulturellen Angebote, außer das Betreiben einzelner weniger Sportarten und die 50-km-Radius-Begrenzung führte neben den Fluchten und Fluchtversuchen noch zu einer dritten Variante, und das waren die Rechtsbrüche.

Mindestens 29 Rechtsbruchverfahren wurden eingeleitet. Gründe waren immer das Verhalten in der Öffentlichkeit durch Randale, Beleidigung und Widerstand gegen die Sicherheitsbehörden. Die Untersuchungshaft dauerte aber nur einige wenige Tage, denn es waren Internierte, und wenn kein Kapitalverbrechen vorlag, war die Lage durch die Genfer Konvention geregelt.

Zutreffend ist aber, dass diese Vorkommnisse, mit vier Ausnahmen, in den unterschiedlichen abgelegenen Internierungsorten vorkamen. Gemessen an den Gesamtinternierten in den Provinzen ist die Anzahl im Prinzip keine Fußzeile wert. Aber sie ist Anlass genug auch die Seeleute nicht zu vergessen, die weitab von der Metropole Buenos Aires ihre Internierungsjahre bestehen mussten, ohne nennenswerten Zeitvertreib.


Im Stadtzentrum lagen allerdings vier Fälle und auf  Martín García ein Fall vor, die alle zu einer ordentlichen Gerichtsvorführung führten - in Anbetracht der Insellage gewissermaßen schon eine Leistung.

Aus einem Schreiben vom 28. Januar 1941 an das Sekretariat des Marineministeriums, an den 1° Lt. Juan Guevara Lynch, geht hervor das am 10. Dezember 1940 dem Ob.Btsm. Martin Kelke zwei Monaten Gefängnis auferlegt worden sind.

Zu dem Zeitpunkt war Kelke 28 Jahre alt, gerade mal zehn Monate auf der Insel, und wenn man berücksichtigt, dass eine solche Maßnahme während einer Internierung immer nur die Ultima Ratio der örtlichen Behörden sein kann, muss dieser schon auf der Ebene der Rechtsbrüche viel Emsigkeit gezeigt haben.


Zu den Gewinnern zählten zunächst, wenn auch im bescheidenen Masse, die auf der Insel Internierten. Diese durften alle 14 Tage für 5 Tage zum Festland hinüber. Unteroffiziere mussten einen Urlaubsschein auf Ehrenwort unterschreiben und sich zur Rückkehr verpflichten – bei Nichteinhaltung hätten die verbleibenden Kameraden das Nachsehen gehabt. Für die Mannschaftsdienstgrade stand das "Speebüro" gerade. Wer eine Patenfamilie hatte, konnte dort wohnen und sparte Übernachtungskosten.

Trotz dieser Möglichkeiten, die Abwechslung, die eine Großstadt bot und die Betreuung deutscher Familien, was aber nicht zwangsläufig zu einer engeren Bindung führte, machte sich für viele auf dieser Insel eine latente melancholische Stimmung breit.

 

Bedeutsam beschreiben wohl die Gedanken von Hans Götz, die er seinem Tagebuch auf Martín García 1943 anvertraute, die Lage sehr vieler:

Was ich gerne einmal wieder möchte!

  •  In einem weißen Bette einmal wieder pennen, nachts unbesorgt die Stiefel wieder auszieh’n können.
  • Das Rauschen einer Wasserleitung hören und schlafen, ohne dass mich Mücken stören.
  • Klosettpapier von einer Rolle ziehen, am Wochenend' ein frisches Hemd anziehen.
  • Abreißen am Kalender, froh das Sonntagsblatt, die Firmenschilder lesen in der Stadt.
  • Auf einer Speisekarte wählen wie ein Prasser und klar den Grund erspäh ’n in einem Glas Wasser.
  • Mit kühnem Schwung mir die Krawatte binden, mal Nacht's um zwei das Schlüsselloch nicht finden.
  • Bei rotem Licht gefühlvoll einen Tango tanzen, in eigenem Garten Petersilie pflanzen.
  • Aus weißem Teller mit Bestecken essen, bei einer schönen Frau die Zeit vergessen.
  • Mit 100 Sachen über Autobahnen flitzen mit Schuhen ausgehe ’n, die bei Sonne blitzen.

Das möchte ich, man glaubt es kaum, doch leider ist es nur ein Traum!


Wie aber mussten sich erst die Internierten fühlen, die im Zentrum oder der Peripherie von Buenos Aires eine Bleibe gefunden hatten, entweder bei ihrer Patenfamilie oder direkt bei dem Arbeitgeber, nebst einer Anstellung. Der 50-km-Radius war hier bestenfalls eine rhetorische Größe - in dem Aktionsradius bot diese Stadt mit ihrer Umgebung alles.

 

Der Internierungsaufenthalt normalisierte sich schnell und verschmolz zusehends mit dem Alltag. Das intensive "sich Annehmen der Besatzung", besonders durch deutsche Familien, dieser zunehmende enge Kontakt, das unbeschwerliche Leben vor Ort, die immer schlimmer werdende Kriegslage in Deutschland, hielt jedes Heimweh in Grenzen.


Schwerer Kreuzer HMS "Exeter"

Der Wahlspruch: "Semper fidelis"

York-Klasse - 8390 ts - 32 kn

Leichter Kreuzer HMS "Ajax"

Der Wahlspruch: "Nec Quisquam Nisi Ajax"

Leander-Klasse - 7270 ts - 32,5 kn

Leichter Kreuzer HMNZS "Achilles"

Der Wahlspruch: "Braverly in Action"

Leander-Klasse - 7270 ts - 32,5 kn