Marine St.Arzt Dr. F. Härting, geb. 14. April 1909, kam unmittelbar vor dem Auslauftermin an Bord um später, als Arzt auf dem Trossschiff "Altmark", seine Aufgaben wahrzunehmen. Das Schiff hatte aber bereits einen Arzt an Bord und so blieb Dr. Härting an Bord der "Graf Spee“.
Nach der Ankunft in Argentinien musste er bei der gesamten Besatzung eine Typhusschutzimpfung vornehmen und war anschließende für die verpflichtende Röntgenkontrolle verantwortlich. Danach erfolgten Besuche in den verschiedenen Internierungslagern. Anfang November 1940 kehrte er nach Deutschland zurück. Seine weiteren Kommandos führten ihn als OStArzt über Wilhelmshaven, Ostende, Paris nach Italien - 1946 kam er nach Deutschland zurück.
Der nachstehende und sehr detaillierte Bericht wurde von Dr. Härting geschrieben und an Sir Milligton-Drake, dem damaligen britischen Botschafter in Uruguay, im Jahr 1963 übergeben.
Hier berichtet Dr. Härting über die letzten Stunden des 19. Dezember 1939, als Langsdorff seine letzte Ansprache an seine Besatzung hielt. Er erinnerte sie auch daran, dass in einer großen Stadt wie Buenos Aires, Disziplin unerlässlich wäre. Auch Fluchversuche würden die Situation nur noch schwieriger gestalten!
Die Eindringlichkeit mit der Langsdorff zu seiner Besatzung sprach ließ bei Dr. Härting den Verdacht aufkommen, dass er, nachdem er seine Besatzung gerettet hatte, doch noch Suizid begehen könnte, und sagte das dem ehemaligen IO KptzS. W. Kay.
Nach dem Bericht über das Auffinden von Langsdorff schildert er kurz die Kriegsjahre nach seiner Rückkehr 1940 nach Deutschland. Zunächst war er mit der Kontrolle der Wiedererrichtung von Krankenhäusern beauftragt und ab 1950 war er Beauftragter des Ministeriums für die Kriegsopferversorgung.
Es ist übrigens der einzige Bericht, der die damalige Situation nachvollziehbar schildert und deshalb juristisch betrachtet, als "Amtszeuge" von Bedeutung ist.
Mittwoch, 20. Dezember 1939
StArzt Dr. Härting war es, der in den frühen Morgenstunden des 20. Dezember 1939 gegen 05:00 Uhr vom I.Offizier des, auf dem Gelände der "Dársena Norte" befindlichem Hospital, mit den Worten geweckt wurde >> kommen Sie sofort, es ist was passiert.[...] << Er wurde von ihm zu den Aufenthaltsräumen der Stabsoffiziere, die sich im "Arsenal Naval" befanden, geleitet und zeigte auf die Tür der Aufenthaltsräume von Langsdorff und sagte >> es muss zwischen 02:00 und 04:00 Uhr morgens passiert sein.[...]<<
Dr. Härting fand Langsdorff, mit einer Schussverletzung am Kopf, auf der Gefechts-Flagge liegend, die Pistole in der rechten Hand - fallend lassend. Die Leichenstarre war noch nicht eingetreten!. Das Geschoss hatte sich in den Parkettfußboden eingelagert. Auf dem Tisch war ein Brief an den deutschen Botschafter gerichtet, den Dr. Härting dem argentinischen I.Offizier gab. Ohne was im Zimmer anzufassen, begann er, wie er später berichtete, mit der Totenwache vor der Tür bis die argentinischen Offiziere eintrafen, die bereits gerufen worden waren.
Danach wurde sofort die Deutsche Botschaft benachrichtigt. Die wiederum benachrichtigte die argentinischen Behörden. Allerdings erfolgte die Benachrichtigung erst um 12:00 Uhr, sodass die
Sicherheitsbehörden erst gegen 12:30 Uhr dort eintrafen – diese fertigten ein sehr detailliertes Protokoll an das in der Galerie abgebildet ist. (Die Protokollseiten sind aus gutem Grund mit
einem Wasserzeichen versehen worden.)
Für die Marinepräfektur der "La Plata-Zone": A. Muñiz – M. Calzolari
Für die Untersuchungsbehörde: Bundesrichter Dr. M.L. Jantus – Staatsanwalt Dr. M. Caraballo - Sekretär Dr. O.P. Arirola
So hatte es sich, wenn auch stark verkürzt und lückenhaft, aus der damaligen Sicht der Zeitzeugen zugertragen. Tatsächlich war aber alles etwas komplexer und daher müssen die Vorgänge, die am Ende mit dem Suizid von Langsdorff unmittelbar in Verbindung standen, benannt werden und die Lücken umfassend schließen.
Folgen wir daher jetzt der Unterseite Das Arsenal Naval, sein Umfeld und die strukturellen Bedingungen um diese Vorgänge zu erkennen.